Grenzwelt oder Tanz mit dem Engel

Serpentin – 2009

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Diese Skulptur aus einem Stein von 69 kg Gewicht und einer Höhe von 70 cm stand am Anfang meiner künstlerischen Arbeiten aus Springstone, einem besonders harten Serpentin aus Simbabwe.

Die Entwicklung der Skulptur bis zur endgültigen Form hat eine längere Zeit des inneren Dialogs mit dem rohen Material erfordert. Wie ich den Stein auch hinstellte oder legte, ich war mir sicher, dass es keine liegende oder sitzende Skulptur werden kann. Der spitz zulaufende Stein hatte – sofern man ihn auf die kurze Seite stellte – oben zu wenig Masse, liegend hatte der Ursprungsstein im mittleren Bereich dann wieder zu wenig Substanz.

Erst als der Stein „auf die Spitze“ gestellt und an die Wand gelehnt war, "sah" ich die Figur mit einem Flügel. Im Nachhinein - und ich glaube auch Ihnen geht es so - ist es verblüffend, den Ursprungsstein mit der daraus entstandenen Skulptur zu vergleichen, weil die Form scheinbar nahezu offen-sichtlich war.

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Zu sehen sind zwei sich umarmende, nackte Körper. Der vordere, männliche Körper berührt die hintere Figur mit dem linken Arm an der Schulter. Der rechte Arm des hinteren fasst ihn an der Taille. Beide freien Arme fassen sich an den Händen und sind auf Brusthöhe nach außen verschränkt, wie beim Tanz in einer Standardformation. Der linke Arm der hinteren Figur spannt eine dreieckige, flügelartige Fläche auf, verbunden zwischen Arm und Körper. Beide bilden vom Kopf bis zu den nach unten zulaufenden Beinen eine Einheit, die nur durch feine Linien voneinander getrennt sind. Die Rückenansicht des vorderen Körpers ist naturalistisch ausgeformt.

Die Steinskulptur weist eine Bohrung auf und steht auf einem Metallstab, der mit einer Eisenplatte verbunden ist. Sie ist als mehransichtige Vollplastik gearbeitet, d.h. sie bietet aus allen Perspektiven unterschiedliche Ansichten.

Es war eine spannende Arbeit für mich, diese Skulptur aus dem sehr harten Stein zu arbeiten, weil bei der Bearbeitung – insbesondere mit dem Flacheisen – immer mehr wunderschöne und interessante Maserungen und Schattierungen im Stein sichtbar wurden.

So sind an der Seite der Figuren unten netzförmige bräunliche Farblinien zu sehen und auch die Trennlinie der Köpfe der tanzenden Personen sind linienförmig getrennt.
Die äußere Oberfläche des Flügels wurde natur, also unbearbeitet belassen, die Innenseite mit dem Flacheisen grob behauen.

Ich bin überzeugt, dass es in zwischenmenschlichen Begegnungen Grenzwelten gibt, die sich uns nicht auf den ersten Blick erschließen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass es Lebenssituationen gibt, in denen einem engelhafte Personen erscheinen. Diese Skulptur hat eine spirituelle Ebene, die mir bewußt oder unbewußt immer wieder begegnet.