Meine Arbeit als Bildhauer beginnt mit der Auswahl eines Steines. In der Regel besuche ich hierzu einen Großhandel in Frankfurt und schaue mir die Steine in großen Gitterkörben an. Es sind dabei unregelmäßige, unbehauene Steine, wie sie entweder in der Landschaft lagen oder in einem Steinbruch aus dem Felsen gebrochen wurden. Ich suche den Stein, der mich „anspricht“. Eigentlich müsste ich also sagen, der Stein sucht mich, nicht ich ihn.
Bei der Auswahl achte ich jedoch darauf, dass die Steine für mich noch gewichtsmäßig transportierbar sind. Maximal 70kg. Diese Steine werden dann auf einer kleinen Euro-Platte festgezurrt und in mein Sommeratelier nach Vallon Pont d’Arc in Südfrankreich transportiert.
Mehrere Stunden - ggf. einige Tage – umrunde ich dann den Stein, lege ihn hin, stelle ihn auf … und schaue ihn mir an, um eine Inspiration oder Idee aufgrund der Grundstruktur zu erhalten. Hilfreich ist hierbei auch das Anfeuchten des Steines mit Wasser, um farbliche Schattierungen und beim unregelmäßigen Verdunsten des Wasser auf der Steinoberfläche Risse oder Unregelmäßigkeiten erkennen zu können.
Es ist im Nachhinein verblüffend, den Ursprungsstein mit der daraus entstandenen Skulptur zu vergleichen, weil die Form oft scheinbar nahezu offen-sichtlich vor mir lag. Trotzdem bleibt das Hauen ein Prozess des ständigen Dialogs. Jede Unregelmäßigkeit, jeder Riss, jede Ader und jede Farbänderung ist in die Arbeit einzubeziehen und gibt der Skulptur neue Ansichten.
Grobe Arbeiten führe ich am Stein mit einer Diamanttrennscheibe aus, danach folgt die Arbeit mit Hammer und Meißel. Ganz „klassisch“ zuerst das Spitzeisen für die Gestaltung, dann Zahneisen und danach die Flachmeißel unterschiedlicher Breiten für die Feinheiten, Konturen und Flächen. An pneumatische Werkzeuge habe ich mich nie gewöhnen können. Ich verliere hierbei das Gefühl der Genauigkeit und der damit verbundenen Kontrolle.
Ich liebe dieses körperliche, harte Arbeiten mit dem Stein. Alle Gedanken sind auf diese Tätigkeit gerichtet. Vor allem ist es ein schönes Gefühl, abends die Ergebnisse des Tages zu sehen und vor der Skulptur – vielleicht mit einem Glas Rotwein – zu sitzen. Hier und da werden dann kleine Änderungen mit einem Wachsstift auf den Stein gezeichnet und somit die Planung für den nächsten Tag vorbereitet.
Ist die Form stimmig, so kommen unterschiedliche Korund-Feilen und danach Schleifpapier und Diamant besetzte Hartschaumblöcke unterschiedlicher Körnung bis 1000 zum Einsatz. Das „Sanding“ oder Schleifen wird ab einer Körnung 200 in der Regel nass durchgeführt.
Um Farbe, Struktur und Feinheiten der Skulptur hervorzuheben, wird die fertige Skulptur - in der Tradition der Künstler aus Simbabwe - anschließend erhitzt und mit Wachs an den geschliffenen Flächen behandelt.
Ich stelle in meiner Arbeit als Bildhauer täglich fest, dass der Dialog mit dem Stein bei seiner Auswahl und Bearbeitung viele Facetten meiner Selbst zu Tage fördert, die mir selbst so nicht bewusst sind oder waren. Die Skulpturen, die ich erschaffe, sind Spiegel meiner Erfahrungen, meiner persönlichen Entwicklung, meiner Gedanken, meiner Wünsche und der Auseinandersetzung mit meinem aktuellen Kontext, in dem ich lebe. Kurz: meiner Identität.
Themen wie
• Nähe und Distanz (Geborgenheit, Hoffnung und Trauer, Grenzen des Ichs u.a.)
• Leben und Tod (Zyklus des Lebens u.a.)
• Religiosität (Grenzwelt oder Tanz mit dem Engel, Mönch u.a.)
stehen in unterschiedlicher Ausprägung immer wieder im Vordergrund.
Für mich ist Bildhauerei körperliche Arbeit. Sie erfordert Erfahrung, Konzentration, Geduld und räumliche Vorstellung, jedoch wenig „Denken mit dem Kopf“ bei der Ausführung. Es ist „Denken mit den Händen“, wie der von mir hoch geschätzte Bildhauer Alfred Hrdlicka einmal sagte, und es ist pure Freude, die fertige Skulptur als Ergebnis dieser anstrengenden Arbeit zu sehen.
Zu sehen ist eine junge Frau, die mit angewinkelten, geschlossenen Beinen auf dem Boden sitzt. Ihr Körper ist auf den ersten Blick naturalistisch dargestellt. Der rechte Arm liegt quer über dem Oberkörper, der linke fällt locker am Körper herab. Hier bildet sich eine Öffnung zwischen Armbeuge und Körper. Auf Details wie Hände und Füße wurde verzichtet. Die Betonung der Formgebung liegt auf dem Becken- und Beinbereich, die noch durch die Drehung der Figur in sich selbst und durch die schmalen Schultern hervorgehoben wird.
Kopf mit Augen, Nase und Mund habe ich detailreich ausgearbeitet und zeigen einen entschlossenen Ausdruck. Die durch eine Teilfläche angedeuteten Haare wurden von mir - ganz in der Tradition der Shona Künstler – rau gearbeitet und auch bei der abschließenden Behandlung mit Wachs ausgespart. Durch dieses Detail unterstütze ich zusätzlich die Spannung zwischen fließend glatten und rohen Oberflächen bei der Betrachtung der Figur.
Sie nimmt eine selbstbewusste und herausfordernde Haltung gegenüber dem Betrachter ein.
Und zum Abschluss noch einige kleinere Arbeiten aus Steatit (bitte anklicken zum Vergrößern):